Die einzigartige Ausstellung beleuchtet vom 30. April bis 29. September 2025 im Dogenpalast in Venedig eine bislang wenig beachtete, aber faszinierende Kunstepoche – die venezianisch-kretische Malschule, die eine entscheidende Brücke zwischen byzantinischer Tradition und italienischer Renaissance zwischen dem 15. und 17. Jahrhundert bildete. Im Fokus stehen Werke, die an der Schnittstelle von byzantinischer Tradition und italienischer Renaissance entstanden – und Künstler, die diese Welten miteinander verbunden haben. Sie wurde von Chiara Squarcina, Katerina Dellaporta und Andrea Bellieni kuratiert. „Diese Ausstellung zeigt, wie die Renaissance auch in Griechenland Fuß fasste, was viele Kunstliebhaber überraschen wird“, erklärt Kuratorin Chiara Squarcina. „Es geht nicht primär um die venezianische Seeherrschaft oder die Dialektik zwischen Kreta und dem griechischen Festland, sondern um eine kreative europäische Sphäre, die über ihre Entstehungszeit hinausweist.“
El Greco: eine kulturelle Brücke zwischen Ost und West
Einer der bekanntesten Vertreter dieser kulturellen Fusion ist Doménikos Theotokópoulos, besser bekannt als El Greco(1541-1614). Geboren auf Kreta, ausgebildet in der byzantinischen Ikonenmalerei, entwickelte er in Venedig und später in Spanien einen einzigartigen Stil, der Jahrhunderte später sogar die Moderne inspirieren sollte. Die Ausstellung zeigt, wie seine Kunst das geistige und ästhetische Erbe Kretas mit dem westlichen Humanismus verschmolz – eine radikale Vision, die ihn seiner Zeit voraus machte. El Greco fungierte als Bindeglied zwischen den Welten und verdeutlicht, wie seine frühe Prägung durch die byzantinische Ikonenmalerei sein späteres Werk beeinflusste. Rund 60 erlesene Werke illustrieren diese faszinierende kulturelle und künstlerische Verflechtung.

Gold als spirituelles Sinnbild
Ein glanzvoller, symbolträchtiger Faden aus Gold zieht sich durch Jahrhunderte mediterraner Geschichte – durch Kunst, Glauben und kulturelle Verflechtung zwischen Kreta und Venedig. Bereits im 13. Jahrhundert wurde die kretische Stadt Candia zu einem zentralen Stützpunkt der Seemacht Venedig. Gold, nicht nur kostbares Material, sondern auch spirituelles Sinnbild in der Ikonenmalerei, steht im Mittelpunkt der Ausstellung, die den intensiven künstlerischen Austausch zweier Inselwelten beleuchtet.
Nach dem Untergang Konstantinopels im Jahr 1453 rückte Candia ins Zentrum der byzantinischen Maltradition. Über hundert Werkstätten spezialisierten sich dort auf die Produktion von Heiligenbildern für eine tief verwurzelte Volksfrömmigkeit. Gleichzeitig erreichten immer mehr Kunstwerke und Maler aus der Ägäisinsel die Lagune Venedigs – Künstler, die zeitweise verweilten oder sich dauerhaft zwischen Kreta, den Ionischen Inseln und der Serenissima niederließen.
In dieser kulturellen Schnittstelle entstand ein neuer visueller Ausdruck: eine Bildsprache, die byzantinische Strenge mit westlichem Naturalismus verband. Schon in der spätgotischen Phase ließ sich Venedig von der geistigen Aura der Ikonen inspirieren – eine Verbindung, die in der Renaissance noch vertieft wurde. Der daraus entstandene Stil war kein kurzer Moment, sondern ein nachhaltiger Dialog, der über mehrere Jahrhunderte hinweg Bestand hatte – bis weit ins 19. Jahrhundert hinein.

Das Verhältnis von Kunst und Spiritualität im Osten und Westen
Ein besonderes Highlight ist der Vergleich zweier Weltanschauungen:
Während in der westlichen Tradition der Maler seine Kunst zu Gott erhebt, gilt im Osten: Gott führt die Hand des Malers. Diese spirituelle Haltung spiegelt sich besonders in den Ikonen wider, die in vielen venezianischen Adelsresidenzen über den Betten hingen – als Schutz und Zeichen heiliger Verbindung.
Highlights der Ausstellung
Rund 60 Kunstwerke – viele davon noch im Besitz alter venezianischer Familien – werden in der Schau präsentiert. Zu sehen sind unter anderem Werke von:
- Michele Damaskinos‘ „Anbetung der Heiligen Drei Könige“ (ca. 1575-1580) aus dem Correr-Museum in Venedig
- Emanuele Tzanes‘ „Christus, Hohepriester“ (ca. 1665-1675) ebenfalls aus dem Correr-Museum
- Mehrere bisher selten öffentlich gezeigte Werke von El Greco aus seiner frühen Schaffensperiode
- Zahlreiche Ikonen aus dem Besitz venezianischer Adelsfamilien
Eine kulturelle Wiederentdeckung
Die Ausstellung beleuchtet nicht nur die künstlerische Entwicklung dieser Epoche, sondern auch die engen kulturellen und politischen Verbindungen zwischen Venedig, Kreta, Konstantinopel und dem griechischen Festland. Viele der gezeigten Werke befinden sich noch heute im Besitz von Familien, die mit der Stadt Venedig verbunden waren und oft die ursprünglichen Auftraggeber waren.
Internationale Kooperation
Das Ausstellungsprojekt entstand aus einer Initiative des früheren griechischen Botschafters in Italien, Themistoklis Demiris, und des Architekten Gherardo degli Azzoni Avogadro Malvasia. Ursprünglich in Griechenland angestoßen, fand das Vorhaben schnell Unterstützung in Venedig – von Institutionen wie dem Museo Correr und dem Hellenischen Institut für byzantinische und postbyzantinische Studien.
Nach ihrer Premiere in Venedig soll die Ausstellung auch in Griechenland, entweder in Athen oder in Heraklion auf Kreta, gezeigt werden – ein weiteres Zeichen der kulturellen Verbundenheit zwischen den beiden europäischen Ländern. Diese Wanderausstellung unterstreicht die Bedeutung der kulturellen Beziehungen zwischen Griechenland und Italien im europäischen und internationalen Kontext.
Ziel ist es, ein bisher wenig bekanntes Kapitel der europäischen Kunstgeschichte einem breiteren Publikum zugänglich zu machen – und gleichzeitig die kulturellen Beziehungen zwischen Griechenland und Italien zu vertiefen.
Praktische Informationen
- Ausstellungszeitraum: 30. April bis 29. September 2025
- Ort: Dogenpalast, Venedig (Appartamento del Doge)
- Hier geht´s zur Homepage und zum Ticketkauf
- Öffnungszeiten: Täglich von 8:30 bis 19:00 Uhr (letzter Einlass 18:00 Uhr)
Auf den Punkt gebracht: Die Ausstellung „Das gemalte Gold“ ist nicht nur für Kunsthistoriker von Bedeutung, sondern bietet allen Kulturinteressierten einen faszinierenden Einblick in eine Zeit, als Venedig als Schmelztiegel der Kulturen fungierte. Sie verdeutlicht, wie künstlerische Traditionen sich gegenseitig befruchten können und wie aus dieser Begegnung zwischen Ost und West eine neue Ästhetik entstehen konnte, die sowohl die byzantinische Tradition respektierte als auch die innovativen Kräfte der Renaissance aufnahm.
Für Venedig-Reisende im Sommer 2025 ist diese Ausstellung ein absolutes Muss, das einen neuen Blick auf die reiche kulturelle Geschichte der Lagunenstadt ermöglicht und zeigt, dass Venedig nicht nur als Handelsmacht, sondern auch als kulturelle Brücke zwischen Orient und Okzident fungierte.